WdK: Back to the Class Issue

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EMERGENCY EXIT

Verlangsamte Silhouetten im Gegenlicht und steinige Texturen, Tourist*innen auf einer Brücke in Italien und der teilnahmslose Blick einer Arbeiterin – dazu auf der Tonspur das unheimliche Voice-over der Filmemacherin, das von einem Bruch kündet, von einer Revolution. In EMERGENCY EXIT verwebt die Fotografin und Filmemacherin Friedl vom Gröller die Ballade der Seeräuber-Jenny aus Brecht und Weills Dreigroschenoper mit körnigen 16-mm-Bildern zu einem kurzen, intensiven Film, der zu gleichen Teilen bedrohliches Requiem, melancholische Rachefantasie und Reflexion über Kamerapolitik ist. Wenn die herrschende Ordnung tatsächlich alternativlos ist, bleibt nur der Notausgang.

COMPASSION AND INCONVENIENCE

Aber wird die Kunst ihr Publikum verstehen? Vika Kirchenbauer inszeniert eine queere Sprech-Performance mit Zungenbrechern, die die Rhetorik der ersten Ausstellungen zeitgenössischer Kunst im London des 18. Jahrhunderts betrachtet. Im Zentrum steht dabei die Frage, welche Denkweisen und Besitzverhältnisse die Beziehungen von Staat, Unternehmern, Künstlern und der Öffentlichkeit prägten. Die Performer*innen sind entweder nicht weiß oder nicht männlich, stehen damit im Widerspruch zum Menschenbild, das die Geschichtsschreibung der Zeit prägte. Sie sprechen Auszüge aus philosophischen Texten, die sich mit Fragen des guten Geschmacks, dem Wissen um die Kunst oder deren öffentliche Präsentation befassen. Die Entfremdung zwischen Medium und Message wird zum Ziel des Films und prägt seinen Tonfall: analytisch, pädagogisch, politisch wirkungsvoll und, trotz allem, spaßig.  

THE VAMPIRES OF POVERTY

„Dieser Film ist Filmkritik in Form eines Films.” So beginnt das Manifest, das die Regisseure Carlos Mayolo und Luis Ospina ihrem Film von 1977 beigefügt haben. In ihrer Mockumentary begleiten sie ein Kamerateam, das für einen deutschen Fernsehsender die „Unterentwicklung“ Kolumbiens einfangen will. Wie Vampire huschen sie durch die Straßen und jagen Personen, um aus ihnen Bilder der Armut zu saugen. Mit eigenwilligem Humor agitiert der Film gegen ein Kino, das unter dem Deckmantel der Sozialkritik Elend ausbeutet, um Mitleid beim Publikum zu generieren und auf internationalen Festivals zu landen. THE VAMPIRES OF POVERTY sollte ein Gegengift sein, das die Zuschauer*innen gegen die vielen Erscheinungsformen des ausbeuterischen Kinos immunisiert.

CASABLANCA

Fouad und Danielas Wege kreuzen sich, als Fouad schon Jahre ohne Papiere in Italien lebt und erfolglos auf eine medizinische Behandlung wartet. Daniela ist nach langer Zeit endlich vom Alkohol losgekommen. In intensiven und ehrlichen Gesprächen handeln sie ihre Beziehung aus und teilen ihre Unsicherheiten und Ängste miteinander. CASABLANCA erzählt vom Zustand einer Gesellschaft, in der nicht nur die Sucht, sondern auch Klasse, Nationalität und Religion scheinbar unüberwindbare Hürden sind, um gegenseitiges Vertrauen bilden zu können. Zugleich fragt der Film nach den Grenzen der Freiheit – als Individuum und als Teil der Gesellschaft. Zwischen Dunkelheit und Licht, zwischen Nähe und Distanz betrachtet die Kamera die beiden in ihren Umgebungen, während sie lernen, Entscheidungen zu treffen – mit allen Konsequenzen.


Der Filmabend zu unserem Schwerpunktthema: Die Debatte nimmt die Diskussionen der Auftaktkonferenz auf und überträgt sie auf die Gestaltungsmittel von Filmen. Welche blinden Flecken hat das Kino, wenn es um Klassenverhältnisse geht? Und lässt sich sozialer Status überhaupt sichtbar machen?

The film night devoted to our thematic focus: the debate takes up the topics of the opening conference and applies them to the creative medium of films. What blind spots does cinema have when it comes to class relations? And can social status be made visible at all?

Gäste u.a. / Guests include: Friedl vom Gröller, Vika Kirchenbauer, Adriano Valerio

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FSK n.n. / 126 MINUTEN / OmeU
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14. Februar