Nakorn-Sawan / Gulyabani
Nakorn-Sawan
(thailändisch OmeU)
Wenn Nebelschwaden auf Erinnerungen liegen, beginnt Fiktion. So wie an diesem Tag in diesem Zimmer: Zwei Freunde vergangener Zeiten sitzen vor gelben Vorhängen, durch die das Licht der thailändischen Provinz fällt. Nakorn-Sawan changiert zwischen Kindheit und Alter, Heimat und Zuhause, Asien und Europa und zeigt im Wechsel von fiktionalem und dokumentarischem Blick den Versuch, widerständig die eigene Geschichte zu packen. Puangsoi Aksornsawang studierte in der Hamburger Klasse von Angela Schanelec. Wenn man möchte, kann man das in geduldig, betörend gefilmten Einstellungen sehen. Viel wichtiger jedoch als solche Verweise ist die eigene filmische Form: Lebenswege zu hinterfragen, bevor sie vergehen, sowie der Versuch, die unaufhaltsame Endlichkeit des Lebens herauszufordern.
When billows of mist settle on memories, fiction begins. Just like on this day in this room: two friends from long ago sit together in front of yellow curtains, through which shines the light of the Thai province. Nakorn-Sawan oscillates between childhood and old age, homeland and home, Asia and Europe, and the alternation between a fictional and a documentary gaze represents a defiant attempt at coming to grips with one’s own history. Puangsoi Aksornsawang attended Angela Schanelec's film class in Hamburg. If so inclined, one can recognise this in the patient, enchantingly shot compositions. Much more important than such references, however, is her own aesthetic, which scrutinises paths of life before they vanish, attempting to challenge the ineluctable finitude of life.
Kurzfilm: Gulyabani
(türkisch OmeU)
Eine Hellseherin blickt zurück. Für ihre Visionen prügelte die eigene Mutter sie schon als Kind. In der Zukunft wird eine Extremistengruppe versuchen, durch die Gabe der jungen Frau den eigenen Kampf zu stärken. Was wann geschieht, lassen die Bilder nur erahnen. Sie sind der Gegenwart des Erlebens gewidmet, zeichnen Gefühlslandschaften. Der türkische Experimentalfilmer Gürcan Keltek verschränkt die Unterdrückung des Weiblichen und ein magisches Geschichtsverständnis mit politischer Gewalt. Elegante Montagen erkunden das Gedächtnis eines Landes, das sich seiner politischen Gegenwart schwerlich entziehen kann. Gürcan Keltek konnte seinen vorherigen Film Meteors in seiner Heimat nicht zeigen, obwohl er durch ihn zu einer der profiliertesten Stimmen des aktuellen türkischen Kinos wurde.
A psychic looks back on the past. Already as a child she was beaten by her own mother because of her visions. In the future, an extremist group will try to use the young woman’s gifts to further their cause. The images only suggest what happens when. Focused on the experience of the present, they draw emotional landscapes. The Turkish experimental filmmaker Gürcan Keltek interweaves the oppression of the feminine and a magical understanding of history with political violence. Through elegant montage, he explores the memory of a country that has difficulty getting away from its political present. Gürcan Keltek wasn’t allowed to show his previous film, Meteors, in his home country, even though it turned him into one of the most prominent voices in contemporary Turkish cinema.
Debatte: Widerstand gegen das Verschwinden / Resisting Diappearance
Debatte mit / Debate with director Puangsoi Rose Aksornsawang
Wenn Bilder zu fließen beginnen, Existenzen zu Bewegungen werden und das Materielle sich aufzulösen scheint, wird das Potenzial des Kinos erst ausgeschöpft. Welchen Widerstand können Filme leisten, wenn Menschen und Identitäten zu verschwinden drohen?
When images begin to flow, existence turns into movement and materiality seems to dissolve, only then is cinema’s potential harnessed. What type of resistance can films offer when people and identities threaten to disappear?